Der Sohn
von Jo Nesbø
- Buch auf Amazon
- ISBN: 978-3548287782
Sonny Lofthus ist drogenabhängig und sitzt im Gefängnis die Strafe für zwei Morde ab, die er zwar gestanden, aber nicht begangen hat. Im Verlaufe der Zeit wurde er eine Art von Beichtvater für die Mitgefangenen. Dadurch erfährt er eines Tages, dass sein Vater nicht Selbstmord begangen hat, sondern ermordet wurde. Sonny bricht daraufhin aus dem Gefängnis aus und beginnt einen blutigen Rachefeldzug...
Der Sohn ist zwar gut geschrieben, doch fand ich die Geschichte zu unrealistisch und konstruiert, und mit zu vielen Charakteren. Insbesondere die Verwandlung von Sonny, vom Junkie zum raffinierten Serienkiller, der von der Polizei und vom mächtigsten Drogenboss der Stadt gejagt wird, fand ich nicht sehr glaubwürdig. Das Ende des einen Erzählstranges hat mich überrascht, wohingegen der andere zu kitschig endet.
Zitate aus dem Buch
Er glaubte zwar schon lange nicht mehr daran, den Menschen ansehen zu können, zu welchen Grausamkeiten sie fähig waren, aber dieser Mann... er strahlte nicht annähernd die Kälte, Aggressivität und, ja, Idiotie aus, die er bei anderen grausamen Mördern gespürt hatte.
Sie klappte das Buch automatisch zu und sah mit einer Mischung aus Scham und Verärgerung zu ihm hoch. [...] Er wusste, dass sie wusste, dass sie kein schlechtes Gewissen zu haben brauchte, wenn sie im Dienst Jura lernte. Schliesslich war ihr keine sinnvolle Aufgabe zugeteilt worden. Es lag in der Natur der Sache, dass man im Morddezernat nichts zu tun hatte, wenn niemand ermordet wurde.
"Auf den Boden!" Johannes hatte eigentlich einen vollen Bariton, doch jetzt hörte sich seine Stimme so an wie die eines hysterischen Waschweibs. Aber es wirkte. Die Gewissheit, dass ein verzweifelter Mann mit einer tödlichen Waffe vor ihnen stand, hatte einen grösseren Effekt als jeder Kommandoton.
"Hat ihnen schon mal jemand gesagt, dass sie sich hin und wieder anhören, als würden sie Zitate aufsagen, die sie zu Hause auswendig gelernt haben?"
"Ich mag es eigentlich nicht, Essen wegzuwerfen, aber dieses Tier sah noch verdammt lebendig aus. Vielleicht kommt es ja wieder ins Aquarium."
Das Monster lag direkt vor ihm und starrte ihn mit hervorquellenden Augen. In dem geöffneten Maul blitzten kleine scharfe Zähne. Ein Dorsch, dachte er. In Plastikfolie. Daneben andere Gefrierbeutel und ein paar Iglo-Packungen. Hähnchenbrüste, Steaks, Beeren. Die Eiskristalle an den schneeweissen Wänden, die ihn umgaben, reflektierten das Licht. Er lag in einer Gefriertruhe.
Er presste die Hände gegen den Deckel und drückte, so fest er konnte, aber der Deckel rührte sich nicht. Und dann verstand er. Der Mann hatte die Kühltruhe abgeschlossen.
Als Morsand mit dem Wunsch zu ihnen gekommen war, seine untreue Frau zu ermorden, war Nestor zuerst davon ausgegangen, dass ein Killer beauftragt werden sollte. Morsand hatte dann aber darauf bestanden, die Tat selbst zu begehen. Nur sollte alles so arrangiert werden, dass jemand anderes die Schuld auf sich nehmen konnte.
"Gehen sie langsam ins Haus. Keine schnellen Bewegungen, ich habe eine Waffe auf ihren Rücken gerichtet." - "Was ist denn..." - "Finden sie sich damit ab, dass wir sie vorerst für einen halten, auf den geschossen werden darf, eine vorbehaltlose Entschuldigung von uns können sie später noch kriegen."
Eine Pistole hat eine seltsame Eigenschaft. Wird sie auf jemanden gerichtet, blickt der Betreffende häufig derart fokussiert auf die Waffe, dass es eine ganze Weile dauert, bis er die Person, die ihn bedroht, erkennt.
Morgan sah zu seinem Kollegen und dann wieder zum Leiter des Wachdienstes. Sie schienen mehr zu Panik zu neigen als er. Er war nur aufgeregt. Verdammt aufgeregt! Schliesslich brach nicht jeden Tag ein Ausbrecher ins Gefängnis ein!
"Aber irgendwann kommst du an einen Punkt, an dem du nichts mehr aufschieben kannst, dir nicht erlauben kannst, einfach noch einen Tag schwach zu sein und dir wieder einmal zu versprechen, morgen beginne ich mit meinem anderen Leben."
Einen Moment blieb er stehen, dann erhielten auch seine Knie die Nachricht, dass er tot war.