The Big Short
Wie eine Handvoll Trader die Welt verzockte
von Michael Lewis
- Buch auf Amazon
- ISBN: 978-3442157051
In The Big Short erzählt der Autor von einigen eigenwilligen Investoren, welche frühzeitig die Probleme erkannten, die zur Subprime-Krise führten, entsprechend spekulierten, und schliesslich satte Gewinne einstrichen.
Ich fand das Buch spannend und faszinierend, und die vom Autor porträtierten Aussenseiter werden sehr anschaulich beschrieben. Ich muss jedoch zugeben, dass ich die beschriebenen Finanzinstrumente nicht zu 100% verstanden habe, ein Anhang mit der Beschreibung dieser Instrumente wäre hilfreich gewesen. Die deutsche Übersetzung fand ich nicht besonders gelungen, stellenweise war sie ziemlich holprig.
Meine Notizen
Vorwort: Der Poltergeist
Warum mir eine Investmentbank an der Wall Street so bereitwillig Hunderttausende US-Dollar dafür zahlte, dass ich erwachsenen Menschen erklärte, wie sie ihr Geld anlegen sollten, ist mir bis heute schleierhaft. Ich war 24 Jahre alt und hatte weder Erfahrung damit noch ein besonderes Interesse daran zu erraten, welche Aktien und Anleihen steigen und welche fallen würden.
Die Geschichte des geheimen Ursprungs
"Ich gab eine Verkaufsempfehlung für die Klitsche [Lomas Financial Corporation], die meiner Ansicht nach nichts wert war. Ich wusste nicht, dass wir keine Verkaufsempfehlungen für Unternehmen abgeben sollten. Ich dachte, dass es drei Kategorien gäbe – Kaufen, Halten, Verkaufen – und dass man diejenige auswählen sollte, die nach eigenem Ermessen die richtige war."
"Eigentlich hätten sie den CEO herauszerren und an seinen Eiern aufhängen sollen. Stattdessen verkauften sie das Unternehmen, und der CEO verdiente daran noch Hunderte Millionen US-Dollar."
"Es macht Spass, mit Steve [Eisman] auf ein Meeting an die Wall Street zu gehen", erzählte Vinny [Vincent Daniel]. "Er sagt nämlich dreissig Mal: 'Erklären sie mir das.' Oder: 'Könnten sie das bitte noch etwas genauer erklären – auf Englisch?' Denn dann erfährt man allerhand. Vor allem merkt man, ob der andere überhaupt weiss, wovon er spricht. Und das ist häufig nicht der Fall."
Unter Blinden
"Wir sollten die Kreditgeber im Auge behalten, nicht die Kreditnehmer. Die Kreditnehmer werden immer bereit sein, bei günstigen Konditionen zuzugreifen. Es sind die Kreditgeber, die Zurückhaltung zeigen sollten, und wenn ihnen diese abhandenkommt, ist Vorsicht geboten."
Die verschiedenen Tranchen der Subprime-Hypothekenanleihen hatten allesamt eine Gemeinsamkeit: Man konnte sie nicht leerverkaufen. Um eine Aktie oder Anleihe leerzuverkaufen, musste man sie leihen, und diese Tranchen von Hypothekenanleihen waren klein und nicht verfügbar. Man konnte sie kaufen oder nicht kaufen, doch explizit gegen sie zu spekulieren war nicht möglich.
[Michael] Burry war nicht der Ansicht, dass sich die Kapitalanlage auf eine Formel reduzieren oder von einem Vorbild abschauen liess. Je länger er sich mit Buffett befasste, desto weniger glaubte er, dass man ihn kopieren konnte. Tatsächlich lernte er von Buffett: "Wer ein Ausnahmeinvestor werden will, muss seinen Stil der eigenen Persönlichkeit anpassen. Ich merkte irgendwann, dass Warren Buffett zwar den Vorzug genoss, von Ben Graham zu lernen, doch diesen nicht nachahmte, sondern vielmehr seinen eigenen Weg ging und sein Geld nach seinen eigenen Regeln anlegte... Gleichzeitig wurde mir klar, dass man auf keiner Schule lernen konnte, ein grosser Investor zu werden. Wenn das ginge, wäre das die gefragteste Schule der Welt mit unbezahlbaren Studiengebühren. Daher ist es wohl nicht möglich."
"Wenn ich jemandem begegne, der Texte kennt, die ich geschrieben habe, dann läuft so ein Treffen im Allgemeinen gut", sagte er [Burry]. "Wenn ich jemanden treffe, der noch nichts von mir gelesen hatte, geht es fast immer schief."
Wenn er direkt mit anderen Menschen zu tun hatte, konnte er nie sagen, was sie eigentlich gegen ihn einnahm – seine Aussagen oder seine Person.
Als Mike Burry ins Geschäft einstieg, stellte er sicher, dass die Anreize stimmten. Die üblichen Verträge von Hedgefondsmanagern lehnte er ab. Wie üblich vorab 2 Prozent des verwalteten Vermögens abzuschöpfen, bedeutete, dass der Hedgefondsmanager sein Geld einfach dafür bekam, dass er möglichst viel Geld anderer Leute auftrieb. [...] Um selbst Geld zu verdienen, musste Burry das Kapital seiner Investoren mehren.
Er tat eigentlich nichts Verheissungsvolleres, als Stammaktien zu kaufen, und nichts Komplizierteres, als in einem Büro zu sitzen und Jahresabschlüsse zu studieren.
"Igitt-Anlage bedeutet, dass man der Aktie besonderes analytisches Interesse angedeihen lässt, auf die man spontan mit Abscheu reagiert hat."
Das war einer der Vorteile, die es hatte, wenn man sich seiner Umwelt über Jahre hinweg entfremdet hatte. Es fiel ihm nicht schwer zu glauben, dass er richtig lag und der Rest der Welt falsch.
So ein Credit Default Swap war ein Nullsummenspiel. Wenn Mike Burry 100 Millionen US-Dollar verdiente, sobald die minderwertigen Hypothekenanleihen ausfielen, die er so sorgfältig ausgewählt hatte, musste ein anderer 100 Millionen US-Dollar verlieren.
"Ich diskutiere gar nicht gern mit Investoren über Ideen", erzählte er, "denn dann werde ich zum Fürsprecher der Idee, was meine Denkweise beeinflusst." Sobald man eine Idee befürwortete, war es schwerer, seine Meinung darüber zu ändern.
Wie kann einer lügen, der die Sprache überhaupt nicht beherrscht?
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Wie man Wanderarbeiter erntet
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Kapitalisten – weil es der Zufall so wollte
Charlie Ledley [...] war schon sehr eigen in seiner Überzeugung, dass die beste Methode, an der Wall Street Geld zu machen, darin bestand, sich immer das herauspicken, was an der Wall Street als extrem unwahrscheinlich galt, und dann darauf zu spekulieren, dass es dennoch eintreten würde.
Konservative werteorientierte Anleger mieden Optionen wie der Teufel das Weihwasser, da diese darauf beruhten, dass man den zeitlichen Ablauf der Kursbewegungen unterbewerteter Aktien vorwegnahm. In [Joel] Greenblatts Augen gab es jedoch ein simples Argument dafür: Wenn feststeht, dass der Aktienkurs an einem im Vorfeld bekannten Stichtag (wie zum Beispiel dem Tag einer Fusion oder dem Tag, an dem ein Gerichtsprozess stattfindet) Schwankungen ausgesetzt ist, spricht nichts dagegen, wenn der werteorientierte Investor seinen Standpunkt anhand von Optionen verdeutlicht.
Ihre [gemeint sind Charlie Ledley und Jamie Mai] Verluste waren – ganz bewusst – kein Drama. Sie waren einkalkuliert. Es geschah viel öfter, dass sie verloren als gewannen, doch ihre Verluste – die Anschaffungskosten für die Optionen – waren im Vergleich zu ihren Gewinnen geradezu lächerlich.
Reiche Leute kamen an der Wall Street in den Genuss eines wesentlich besseren Service als Leute aus der Mittelschicht, doch im Vergleich zu institutionellen Investoren waren auch vermögende Anleger Menschen zweiter Klasse.
Cornwall Capital hatte noch nie zuvor verbriefte Hypotheken ge- oder verkauft, aber ihnen leuchtete ein, dass eine Kreditausfallversicherung nichts anderes war als eine Finanzoption: Man zahlte eine geringe Prämie, und wenn genug fragwürdige Kreditnehmer ihre Hypotheken nicht mehr bedienen konnten, wurde man reich.
Der Markt für minderwertige Hypotheken war besonders gut darin, hinter unverständlichem Kauderwelsch zu verbergen, was eigentlich erklärungsbedürftig war. So wurde beispielsweise eine Anleihe, die ausschliesslich mit minderwertigen Hypotheken unterlegt war, nicht als minderwertige hypothekenunterlegte Anleihe bezeichnet, sondern als ABS oder forderungsbesichertes Wertpapier.
Spider-Man im Hotel The Venetian
Die Bewertung mit AAA war die Ausrede für jedermann, die Risiken, die eingegangen worden waren, zu ignorieren.
Auf grosser Schatzsuche
Aus gesellschaftlicher Sicht war der langsame und möglicherweise in betrügerischer Absicht herbeigeführte Zusammenbruch des mehrere Billionen schweren US-amerikanischen Anleihenmarktes eine einzige Katastrophe. Aus Sicht eines Hedgefonds war er eine einmalige Gelegenheit.
Die Ruhe vor dem Sturm
"Ich [Michael Burry] habe einen Job. Ich muss Geld für meine Kunden erwirtschaften. Punkt. Aber es ist schon irgendwie krank, auf Investitionen zu setzen, bei denen man das dicke Geld macht, wenn eine Tragödie passiert."
"Die Definition eines intelligenten Managers in der Welt der Hedgefonds lautet: Er muss die richtige Idee haben und mit ansehen können, wie seine Investoren abspringen, bevor sich seine Idee auszahlt." Als er für sie noch Unsummen verdiente, hörte er kaum etwas von ihnen, doch sobald er kleinere Beträge verlor, hielten sie mit ihren Zweifeln und ihrer Kritik nicht hinter dem Berg.
Er hatte noch nie dem klassischen Bild eines Hedgefondsmanagers entsprochen. Er erschien tagelang in derselben kurzen Hose und demselben T-Shirt zur Arbeit. Er weigerte sich beharrlich, Schuhe mit Schnürsenkeln zu tragen. Er weigerte sich ebenso, seinen Ehering oder eine Armbanduhr zu tragen. Zur Beruhigung hörte er häufig Heavy-Metal-Musik in voller Lautstärke. "Ich denke, diese Marotten wurden nur so lange hingenommen, wie alles bestens lief", sagte er. "Doch als es ins Stocken geriet, waren das auf einmal Zeichen meiner Inkompetenz oder Labilität – und so dachten auch Mitarbeiter und Geschäftspartner von mir."
Eine Passion stirbt
Cornwall Capital hatte viereinhalb Jahre zuvor mit einem Kapital von 110'000 US-Dollar angefangen und nun mit einem Einsatz von einer Million einen Reingewinn von 80 Millionen US-Dollar gemacht.
Wie sollte man einem harmlosen Bürger der freien Welt erklären, was ein Credit Default Swap auf eine AA-Tranche einer subprime-besicherten Collateralized Debt Obligation bedeutete?
Zwei Männer in einem Boot
"Gegen den Markt zu spekulieren und Geld damit zu verdienen machte 2007 Spass, weil wir die Bösen waren", sagte Steve Eisman. "Aber 2008 stand das gesamte Finanzsystem auf dem Spiel. Wir spekulierten immer noch dagegen. Aber man will schliesslich nicht, dass das System zusammenbricht. Es ist, als ob man unmittelbar vor der Sintflut Noah wäre. Man ist auf der Arche. Ja, du bist in Sicherheit. Aber wenn du die Flut draussen siehst, freust du dich nicht. Das ist kein glücklicher Moment für Noah."
Noch im März 2007 war der Untergang von Bear Stearns so unvorstellbar gewesen, dass Cornwall Capital eine Versicherung gegen einen Zusammenbruch der Bank für unter 0.3 Prozent bekommen hatte. Sie hatten 300'000 US-Dollar und 105 Millionen US-Dollar verdient.
Das war das Problem beim Geld: Was die Menschen damit taten, hatte Konsequenzen, aber diese traten vom ursprünglichen Handeln so weit entfernt ein, dass der Verstand das eine mit dem anderen nicht in Verbindung brachte. Die Kredite, die zu Lockzinsen an Leute vergeben wurden, die sie niemals zurückzahlen konnten, gerieten nicht sofort in Verzug, sondern erst nach zwei Jahren, wenn die Zinsen stiegen. Die diversen Anleihen, zu denen diese Kredite gebündelt wurden, verloren ihren Wert nicht sofort, sondern erst Monate später nach zahlreichen langwierigen Zwangsvollstreckungen, Insolvenzen und Zwangsversteigerungen. Die verschiedenen CDS, zu denen die Bonds gebündelt wurden, waren nicht umgehend wertlos, sondern erst, nachdem ein Treuhänder ermittelt hatte, ob jemals genügend Geld vorhanden sein würde, sie auszuzahlen.
Epilog: Alles hängt miteinander zusammen
"Derivate sind wie Schusswaffen. Das Problem sind nicht die Instrumente, sondern die, die diese Instrumente benutzen."
Wie stehen die Chancen, dass Menschen kluge Finanzentscheidungen treffen, wenn für sie keine Notwendigkeit zu klugen Entscheidungen besteht, weil sie auch mit dummen Entscheidungen reich werden können? Die Wall Street setzte durchwegs falsche Anreize und tut es immer noch.