Sunset Park

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  • ISBN: 978-3498000820
  • Mein Rating: 5/10

Sunset Park handelt von vier jungen Leuten, die während der jüngsten amerikanischen Wirtschaftskrise ein verlassenes und heruntergekommenes Haus in Sunset Park, New York, besetzen. Zusätzlich geht es auch noch um die Beziehung der Hauptperson, Miles Heller, zu seinen Eltern.

Obwohl das Buch gut geschrieben ist, fand ich Sunset Park langweilig. Die Grundidee ist gut, die Charakteren sind interessant, und doch liess mich das Buch kalt. Es fehlte irgendwie das gewisse Etwas...

Zitate aus dem Buch

In einer zusammenbrechenden Welt, in der wirtschaftlicher Ruin und privates Elend erbarmungslos um sich greifen, ist die Entrümpelungsbranche eine der wenigen, die in dieser Gegend noch florieren.

Selten kommt er in ein Haus, das von den früheren Besitzern in einwandfreiem Zustand zurückgelassen wurde. Häufiger wird es einen Ausbruch von Gewalt und Raserei gegeben haben, eine Abschiedsorgie unmässiger Zerstörungswut – die Wasserhähne voll aufgedreht, Waschbecken und Badewannen übergelaufen, die Wände mit Vorschlaghämmern bearbeitet und eingestürzt, mit obszönen Graffiti beschmiert oder von Kugeln zersiebt, zu schweigen von herausgerissenen Kupferrohren, verdreckten Teppichen und Kothaufen mitten im Wohnzimmer.

Die anderen im Team machen sich über seine obsessive Knipserei lustig, aber das kümmert ihn nicht. Er verachtet diese Männer samt und sonders, sie zählen für ihn nicht. Der hirntote Victor, Boss des Teams; der stotternde Schwätzer Paco; und der keuchende Fettsack Freddy – die drei Musketiere des Verderbens.

Keine Pläne haben, soll heissen, nichts ersehnen und nichts erhoffen, mit seinem Los zufrieden sein, hinnehmen, was die Welt einem von einem Sonnenaufgang zum nächsten zuteilt – wer so leben will, darf nur sehr wenig begehren, so wenig wie menschenmöglich.

[...] doch am Ende sind Bücher kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit, und Lesen ist eine Sucht, von der er keinesfalls geheilt werden möchte.

Es war ein fester, entschlossener Stoss, der Bobby aus dem Gleichgewicht brachte und auf die Fahrbahn taumeln liess, wo er lang hinstürzte und mit dem Kopf auf den Asphalt schlug. Er setzte sich auf, rieb sich fluchend die Schläfe und wollte sich gerade hochrappeln, als das Auto ihn niedermähte, ihm das Leben ausquetschte und das der ganzen Familie für immer veränderte.

[...] er hasste sich dafür, dass er ihnen so viel Kummer, so viel unnötige Sorgen machte. Für sie war er ein wandelnder Toter, jemand, der keine Zukunft hatte, und als er auf dem Bett sass und an die zukunftslose Zukunft dachte, die undeutlich vor ihm im Nebel schwebte, erkannte er, dass er nicht den Mut besass, ihnen noch einmal gegenüberzutreten.

Maria und Teresa sind höfliche und harmlose Plappermäulchen, gegen die nichts einzuwenden ist, ausser dass sie ihn nach einer Stunde zu langweilen begannen.

Er ist eins achtundachtzig, wiegt fünfundachtzig Kilogramm, und nach jahrelanger Arbeit, die seinem Körper mehr abverlangt hat als seinem Geist, ist er auch ziemlich gut in Form – gut gebaut, muskulös, kräftig. Aber nicht so kräftig wie die beiden Kerle, die dort auf ihn warten, und da sie zu zweit sind und er allein, kann er nur hoffen, dass sie gekommen sind, um mit ihm zu reden, und nicht, um ihre Kampfkünste zu demonstrieren.

Die Faust trifft ihn wie eine Kanonenkugel, mit einer solchen Wucht und so vernichtender Wirkung, dass es ihn zu Boden reisst, und während es ihn zu Boden reisst, reisst es ihm die Luft aus den Lungen, und zusammen mit der Luft, die aus seiner Luftröhre schiesst, schiesst der gesamte Inhalt seines Magens aus seiner Speiseröhre, Mittagessen und Frühstück, die Überbleibsel des letzten Abendessens, und alles, was eben noch in ihm war, ist jetzt draussen, und während er noch am Boden liegt, kotzt und um Atem ringt und sich den Bauch vor Schmerzen hält, schreiten die zwei grossen Männer zu ihrem Auto und lassen ihn allein auf der Strasse zurück, ein verletztes Tier, gefällt von diesem einen Schlag, einen Mann, der wünscht, er wäre tot.

So jedenfalls war es geplant: zusammen ein Kind machen und dann hoffen, dass die Liebe, die sie zwangsläufig für ihren Sohn oder ihre Tochter empfinden würden, die Abkühlung ihrer Gefühle füreinander aufhalten konnte.

Er hat sich nämlich zum schwarzen Schaf gemacht. Das ist die Rolle, für die er sich entschieden hat, und er wird sie auch in New York weiterspielen, selbst wenn er in die Nähe der Herde zurückkehrt, die er verlassen hat.

[...] Tag für Tag kämpft er darum, der Grundregel seiner Unzufriedenheit treu zu bleiben: stets gegen den Stand der Dinge auftreten, dem Status quo an allen Fronten Widerstand leisten.

[...] mag auch der Mensch die Welt um sich herum verändert haben, der Mensch selbst hat sich nicht verändert.

In den ersten Wochen legten sie sich ins Zeug, die Zimmer bewohnbar zu machen, räumten fleissig den ganzen morschen Plunder aus, nahmen jede kleine Aufgabe in Angriff, als ginge es um eine gewaltige menschliche Anstrengung, und verwandelten ihren erbärmlich unzulänglichen Schweinestall nach und nach in etwas, das man mit einigem guten Willen immerhin als Bruchbude bezeichnen konnte.

Als sie allein lebte, hatte sie sich nie mit irgendwem vergleichen müssen. Ihre Kämpfe waren ihre Kämpfe, ihr Scheitern war ihr Scheitern gewesen, in ihrem kleinen abgeschiedenen Reich hatte sie das alles mit sich allein ausmachen können. Jetzt ist sie von leidenschaftlichen, energiegeladenen Leuten umgeben, und neben ihnen kommt sie sich vor wie ein begriffsstutziger Faulpelz, ein hoffnungsloses Nichts.

[...] wohingegen er, Miles, jetzt ein völlig anderer ist, ein schwarzes Schaf, das keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem Lamm hat, das er vor sieben Jahren war.

Das Haus gleicht keinem anderen, das er je in New York gesehen hat. Natürlich ist ihm bewusst, dass es in der Stadt von seltsamen Bauwerken wimmelt, die dem Anschein nach nicht in eine Grossstadt gehören [...], aber dieses Haus in Sunset Park ist weder vorstädtisch noch historisch, eigentlich ist es nur eine Hütte, ein trostloses Stück architektonischer Dummheit, das sich überhaupt nirgendwo einfügen würde, weder in New York noch ausserhalb.

Nach diesem Abendessen beschliesst er, sich künftig zu verdrücken, sobald Jake auftaucht, und jeden weiteren Umgang mit ihm zu vermeiden. Er will nichts tun, was er später bereuen muss, und Jake ist jemand, bei dem er garantiert eines Tages ausrasten wird.

Er hat eine breite, auswärts gebogene Nase, Pockennarben auf den Wangen und wulstige Lippen, eine kuriose Mischung von Gesichtsmerkmalen, die sie irgendwie an eine Schüssel Kartoffelbrei erinnert.

Solange er sich erinnern kann, schien Miles anders als alle anderen zu sein, schon immer besass er eine unwiderstehliche, animalische Ausstrahlung, die, sobald er einen Raum betrat, die Stimmung umschlagen liess. War es die Macht seines Schweigens, die ihm so viel Aufmerksamkeit eintrug, die geheimnisvolle, verschlossene Natur seiner Persönlichkeit, die ihn für andere zu einer Art Spiegel machte, in den sie sich projizieren konnten, das unheimliche Gefühl, dass er zugleich anwesend und nicht anwesend war?

[...] während er die beiden im Wasser knutschen sah, ging ihm auf, dass er nicht Miles, sondern Annie beneidete, dass er sich an Annies Stelle sehnte und Miles selber küssen wollte.

[...] mag auch Miles der einzige Mann sein, den er begehrt, so fragt er sich doch, ob es nicht an der Zeit sei, das Experiment mit einem anderen zu wagen, weil er nur auf diese Weise jemals dahinterkommen wird, wer und was er ist – ein Mann, der für Männer gemacht ist, ein Mann, der für Frauen gemacht ist, ein Mann, der sowohl für Männer als auch für Frauen gemacht ist, oder ein Mann, der für niemanden gemacht ist ausser für sich selbst.

Kopf hoch, du Arsch, sagt er. Immerhin weisst du jetzt, dass du der dümmste Mensch bist, der je gelebt hat. Wie viele Leute sind schon klug genug, das zuzugeben?

[...] sosehr sie sich mühte, in diesen ersten sechs Monaten ihre Pflicht zu erfüllen, fand sie das Baby nur langweilig, sie empfand einfach keine Freude daran, sich um den Kleinen zu kümmern, nicht einmal das Stillen machte ihr Freude, nicht einmal, ihm in die Augen zu sehen, nicht einmal, von ihm angelächelt zu werden, nichts von alledem konnte sie für die erdrückende Langeweile dieses Daseins entschädigen, für das ewige Gebrüll, den feuchten gelben Scheiss in den Windeln, die ausgekotzte Milch, die Schreie mitten in der Nacht, den Schlafmangel, das stupide Einerlei, und dann kam Unschuldiger Träumer, und sie ging auf und davon.

[...] zu viele Jahre lang in Gedanken durchgespielt, wie das Wiedersehen sich gestalten würde, und wenn das Ereignis dann endlich eintritt, kann die Realität nur enttäuschen, denn Gedanken sind eine mächtige Waffe, und die erdachten Wiedersehen, die du in diesen Jahren so oft im Kopf durchgespielt hast, waren zwangsläufig ergiebiger und emotional befriedigender als das, was dann wirklich geschah.

Es geht doch nichts über ein kleines Techtelmechtel mit dem Tod, um die Dinge in die richtige Perspektive zu rücken.

Er hat einen Polizisten tätlich angegriffen, und das ist eine Straftat, ein schweres Verbrechen, natürlich hofft er, dass er dem Schwein den Kiefer gebrochen hat, und bereut keineswegs, dass er einen ins Gesicht geschlagen hat, der eine Frau die Treppe hinuntergestossen hat, ausgerechnet Alice Bergstrom, die beste Frau der Welt, aber das ändert nichts daran, dass er tief in der Scheisse steckt, so tief wie noch nie in seinem Leben.

[...] und er fragt sich, ob es sich lohnt, auf eine Zukunft zu hoffen, wenn es keine Zukunft gibt, und von jetzt an, nimmt er sich vor, wird er aufhören, sich irgendetwas zu erhoffen, und nur noch für das Jetzt leben, für diesen Augenblick, diesen flüchtigen Augenblick, das Jetzt, das hier ist und dann nicht mehr hier ist, das Jetzt, das für immer verschwunden ist.