Mit Herzblut

Vom Gastgeber zum Glücksbringer

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  • Buch auf Amazon
  • ISBN: 978-3037630266
  • Mein Rating: 7/10

Mit Herzblut ist die Biografie von Ernst Wyrsch, der zusammen mit seiner Frau jahrelang das 5-Sterne-Hotel Belvédère in Davos geführt hat und seither als Coach arbeitet.

Das Buch besteht aus zwei Teilen: der erste Teil, der rund dreiviertel des Inhalts ausmacht, besteht aus der eigentlichen Biografie. Dieser Teil hat mir gut gefallen und ich fand es interessant, einen kleinen Einblick in das Leben eines Hoteliers zu erhalten. Den zweiten Teil, der sich mit Optimismus, positiver Psychology und Mitarbeiterführung beschäftigt, fand ich hingegen zu oberflächlich und hätte ruhig weggelassen respektive in einem separaten Buch vertieft betrachtet werden können.

Meine Notizen

Es gibt keinen Weg zum Glück – Glücklichsein ist der Weg.

Siddhartha Gautama

Vom Gastgeber...

Eiliger Abschied

Wie kein Zweiter verkörpert Hans [der Chef-Concierge] auch meine Philosophie: Dass man sich von Äusserlichkeiten nicht blenden lassen soll und dass so altmodische Werte wie Authentizität und Vertrauen in andere Menschen wichtigere Faktoren auf dem Weg zum Erfolg sind, als manche denken mögen.

Ich sehe mich als Anti-Konzern-Menschen und fordere Individualität und Freiheit, denn sie bringen unter dem Strich die besten Resultate und die grössten Erfolge. Den Mitarbeitern, so meine Erkenntnis, kann man grundsätzlich vertrauen, vorausgesetzt, sie erfahren Anerkennung. Enttäuscht wurde ich nur ganz selten.

Die Zufriedenheit am Arbeitsplatz hängt massgeblich mit der Autonomie jedes Einzelnen, aber auch mit seiner Wertschätzung durch den Arbeitgeber zusammen.

Man kann nicht alle Mitarbeiter über denselben Kamm scheren, weil es verschiedene Wertvorstellungen, Stärken und Schwächen gibt, die berücksichtigt werden müssen, will man das volle Leistungspotenzial ausschöpfen.

Austauschbar zu sein und nach strikten Vorgaben zu arbeiten, ist mir seit je unsympathisch.

Weniger wollen

Die härteste Konkurrenz und die schlimmsten Feinde liegen nicht ausserhalb, sondern innerhalb der Konzerne auf der Lauer.

Ich bin der Meinung, dass wir durchaus in der Lage sind, selbst zu bestimmen, ob wir pessimistisch oder optimistisch durchs Leben gehen wollen. Wie wir denken, ist ausschlaggebend, die Gedanken beeinflussen unsere Gefühle und unser Handeln.

Von krampfhaftem Optimismus halte ich nichts, doch heute denke ich: Vorausgesetzt, man leidet nicht an einer psychischen oder physischen Erkrankung, sollte der Einzelne sein Unglück nach einer gewissen Zeit bewusst in die Schranken weisen. Wenn man sich nachhaltig schlecht fühlt, leidet zwangsläufig das Selbstwertgefühl. Das ist nicht per se schlecht, hält die Menschen aber davon ab, Neues und Gutes erleben zu wollen.

Katzen im Schnee

Jene Führungspersönlichkeiten, die als Grundhaltung ein freundliches Menschenbild pflegen, verfügen über weitaus bessere Chancen, die oberste Karrierestufe zu erklimmen, als jene, die misstrauisch und bösartig agieren.

Das ist es

Dass meine Mutter jedes Detail im Auge behält, noch bei der unwichtigsten Entscheidung mitredet und auch Hand anlegt, wenn die leeren Flaschen in die Harasse zurückgestellt werden, sehe ich bald mit anderen Augen. Indem die Chefin nie delegiert und keine einzige Aufgabe loslässt, verhindert sie auch das Wachstum ihres Geschäfts, das eine kleine, aber eben keine grosse Goldgrube wird.

Wanderjahre

Zähneknirschend akzeptiere ich, dass es im Leben offenbar Anforderungen, Beurteilungen und unumstössliche Regeln gibt, nicht etwa, weil diese besonders sinnvoll wären, sondern weil derjenige, der sie ausspricht, die Macht hat, seine Wahrheit zum allgemeingültigen Wert zu erklären. Hätte uns der Chef mitgeteilt, wir dürften die Küche fortan nur noch im Handstand durchqueren, wäre es mir gegen das Ende meiner Lehrzeit nicht einmal in den Sinn gekommen, diesen Befehl zu hinterfragen.

"Hat man keine eigenen Ziele, arbeitet man für jemanden, der Ziele hat."

[...] so wie ich meine Zufriedenheit in verschiedenen Phasen meines Lebens immer wieder aufs Neue verteidige, versuche ich auch, jene Risiken, die mein Wohlbefinden gefährden könnten, dezidiert aus dem Weg zu gehen.

Auf dem Feld [...] erkenne ich, was nicht funktioniert, auch im Geschäftsalltag nicht: Druck ausüben, drohen, strafen. Die Bereitschaft zu mehr Leistung kann allein über das Belohnungsprinzip geweckt werden [...].

Sylvia

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Im Zauberschloss

Natürlich ist eine geschäftliche Misere immer mit den Umständen zu rechtfertigen, die als gottgegeben und unveränderbar hingestellt werden: Es ist die gängige Argumentation von untauglichen Vorgesetzten und ihren in der Folge genauso unmotivierten Mitarbeitern, die sich der Verantwortung nicht stellen wollen.

Meine erste Amtsbehandlung betrifft die Entscheidung, dass das gesamte Reklamationswesen künftig von mir persönlich betreut wird. Die wertvollen Hinweise unzufriedener Gäste avancieren in den folgenden Monaten zu einem meiner wichtigsten Instrumente, um Neuerungen im Bereich der allgemeinen Dienstleistungen einzuführen und eine entsprechende Prioritätenliste zu verfassen.

Mangelnde Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitern zeigt sich unter anderem darin, dass sie zu wenig verdienen.

[...] dabei halte ich unbewusst mein erstes Coaching, bei dem ich den Mitarbeitern, verkürzt gesagt, drei Floskeln verbiete, die sie aus ihrem Vokabular und am besten auch gleich aus ihren Gedanken streichen sollen: Geht nicht! Ist nicht meine Arbeit! Unmöglich!

Die Umfeldgestaltung liegt immer in der Verantwortung des Chefs. Er muss jene Bedingungen schaffen, die seine Leute zufrieden und leistungsfähig machen. Nimmt er ihre Anliegen nicht ernst, läuft er mittelfristig [...] immer Gefahr, dass sein Geschäft stagniert oder in ernsthafte Schwierigkeiten gerät.

Der Business-Erfolg beruht nicht nur auf brillanten Analysen, sondern auch auf realistischen Lösungsansätzen, die sich auf den gesunden Menschenverstand stützen.

Die Erkenntnis, dass keiner so dumm ist, dass er nicht in irgendeinem Bereich besser ist als ich, hilft mir auch, anderen einen Platz neben mir einzuräumen, Verantwortung abzugeben und jenen Raum zu schaffen, den Mitarbeiter benötigen, um ihre Talente zu erkennen und gewinnbringend einzusetzen.

Die Gründe, wieso Menschen so und nicht anders agieren und reagieren, haben immer mit der persönlichen Motivation zu tun, und diese wiederum ist von individuellen Wertvorstellungen und Zielen abhängig. Ein umsichtiger Chef weiss von diesen Beweggründen, und die Hoffnungen seiner Leute sind ihm nicht egal.

Die Motivation kennen lernen zu wollen, die Mitarbeiter in diesem Sinn zu beobachten und ihren Wünschen nach Anerkennung und Wachstum im Job nachzukommen, ist der Schlüssel zum Erfolg.

Erfolgsjahre

Ratschläge erteile ich nie, weil sie der eigenen Erfahrung entspringen, die oft wenig mit der Lebenswelt anderer zu tun hat. Viel eher stelle ich Fragen, deren Beantwortung manchmal einer Erkenntnis auf die Spur helfen und den Wandel zum Guten bewirken kann, weil sie ein Veränderungspotenzial freilegt, das jeder in sich trägt.

Die Welt zu Gast

Was man ohne Hintergedanken gibt, kommt – irgendwann – immer zurück.

Dunkle Wolken

Das Glück lässt sich nicht auf dem Unglück anderer aufbauen.

Das Verdrängen von Problemen birgt die Hoffnung, dass die Zeit Wunden heilt, man ohne Veränderung so weitermachen kann wie bisher, doch dieses Verhalten ebnet der Bitterkeit den Weg.

Neues Glück

Je länger die gleichen Fehler gemacht werden, desto heftiger werden sie normalerweise gerechtfertigt, und eine interne Entflechtung ist oft schwierig, weil es in jeder Firma, meist in der Chefetage, ein paar Unverbesserliche gibt, die auf Gedeih und Verderb am Althergebrachten festhalten: Weil alles andere bedeuten würde, dass sie ihre Hirnzellen anstrengen und die bequemen Routinen verlassen müssten.

... zum Glücksbringer

Optimisten-Gen?

Obwohl ich von schnell anwendbaren Formeln zur Steigerung der Lebenszufriedenheit nicht viel halte, drängen sich die drei Begriffe Verzicht, Langsamkeit, Ruhe in meinen Coachings fast immer auf.

Nachhaltige Führung

Je grösser der Reichtum, desto kleiner die Fähigkeit, sich an Kleinigkeiten zu erfreuen.

Mitarbeiter mit Kundenkontakt tragen den Esprit ihres Arbeitgebers nach aussen und reflektieren somit das Produkt, das sie vertreten. Sind sie frustriert und unzufrieden, hat dies direkte Auswirkungen auf die Entscheidung der Kunden, das Hotel, das Lokal, das Geschäft erneut zu betreten oder eben nicht.

Den motivierten Mitarbeiter zu finden, ist sehr viel schwieriger, als ihm jene Bedingungen zu schaffen, die ihn dazu machen.

Führen bleibt ein Geschäft, das auf Gegenseitigkeit beruht. Viele kluge und auch jüngere Führungskräfte scheitern, weil ihnen noch immer nicht bewusst ist, dass sie nicht über die Mitarbeiter herrschen, sondern etwas leisten müssen, damit sie auf deren Kooperation zählen können.

In Kürze

Es ist selten sinnvoll, wenn Mitarbeiter für mangelnde Talente gerügt werden und man ihnen in diesen Bereichen eine grössere Leistung abzufordern versucht. [...] Verhasste Aufgaben, bei denen zwangsläufig die Perfance nicht stimmt, sollen wenn möglich an passende Mitarbeiter delegiert werden, die diese Aufgabe gerne übernehmen.

Auf das Aussprechen von Befehlen soll verzichtet werden, da dieses Verhalten sowieso auf Widerstand stösst.