Ich blieb einfach einfach
Eine Autobiografie mit Begleittexten von Ivo Bachmann
von Otto Stich
- Buch auf Amazon
- ISBN: 978-3037840153
Ich blieb einfach einfach ist die Autobiografie von Otto Stich, einem SP-Politiker, der während 20 Jahren im Nationalrat sass, und von 1984 bis 1995 Mitglied des Bundesrates war und dabei das Finanzdepartement leitete.
Das Buch ist mit etwas mehr als 100 Seiten relativ dünn und daher schnell gelesen. Es vermittelt einen interessanten Einblick in eine Politkarriere und gewährt auch einen Blick hinter die Kulissen des Politbetriebs. Das Buch konzentriert sich stark auf Otto Stich, den Politiker; über Otto Stich als Privatperson erfährt man leider nur wenig...
Meine Notizen
Vorwort
Man darf nicht alles und jedes dem freien Markt unterordnen, nur weil es dieser Markt angeblich so verlangt. Es braucht staatliche Leitplanken. Es braucht soziale Gerechtigkeit. Es braucht gesamtwirtschaftliche Verantwortung.
Mit den Mitteln und Werten der Demokratie können wir eine sozialere Wirtschaft und eine gerechtere Gesellschaft erreichen – sofern wir die Mittel nutzen und die Werte achten.
Stichproben: Mein Weg in die Politik
Kletterer brauchen ein tiefes Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, in die eigene Kompetenz und Erfahrung – und sie schenken das gleiche Vertrauen auch ihrem Begleiter. Schliesslich hängt man auf Gedeih und Verderb am selben Seil. [...] Otto Stich, in Kinderjahren ein eher kränklicher Junge, hat in den Felswänden nicht nur seinen Körper gestählt. Er hat seinen Charakter trainiert. Was ihn ein Leben lang auch als Politiker auszeichnen wird – es sind die Eigenschaften und Stärken eines Kletterers.
Die Erfahrung, was es heisst, wenn jemand nicht arbeiten kann, obwohl er doch arbeiten will – sie wird der Grund sein, warum Otto Stich Jahre später Wirtschaft studiert: "Ich wollte verstehen, was Arbeitslosigkeit verursacht. Ich wollte wissen, was man tun muss, um den Arbeitern und ihren Familien dieses Schicksal zu ersparen."
Was wir sind, wie wir fühlen, denken und handeln – das ist verknüpft mit unserer Herkunft, mit unseren Erlebnissen und Erfahrungen. Wer soziale Not durchlitten hat, kann diese Erfahrung zwar überwinden und vielleicht (mehr oder minder erfolgreich) verdrängen, aber niemals ganz vergessen. Sie wird sein Handeln stets mitbestimmen – in welcher Art auch immer.
Morgens um 6 Uhr, auf der Fahrt ins Büro, hörte ich im Radio, die Bürgerlichen wollten mich in den Bundesrat wählen. Ich nahm es zur Kenntnis. Die Meldung war kein Grund, mein Tagesprogramm zu ändern. Stimmen zu bekommen ist das Eine, gewählt zu werden das Andere.
Stichflammen: Meine Arbeit im Bundesrat
Er ist keiner, der sich gross ins Rampenlicht drängt, eher ein fleissiger, stiller Schaffer im Hintergrund. [...] Doch aus seiner politischen Überzeugung hat er nie einen Hehl gemacht und seine Haltung über all die Jahre kaum geändert. Für demokratischen Sozialismus. Für einen starken und sozialen Staat. Gegen jeden Extremismus von rechts bis links.
Jede Medienkampagne, und sei sie noch so heftig, geht irgendwann vorbei. Man muss nur aufrichtig und aufrecht bleiben, man muss nur standhaft bleiben.
In einer Demokratie braucht alles etwas länger.
Man soll Steuern nicht nur wegen der Einnahmen erheben, sondern auch, um politische Massnahmen wirksam zu unterstützen und die Entwicklung zu lenken.
Die sogenannten Sozialabzüge sind vor allem eines: unsozial.
Auch wenn man sich von einer internationalen Organisation fernhält, ist man von ihren Entscheidungen betroffen. Das heisst zwar nicht, dass alles besser ist, wenn man mitbestimmen kann. Doch die Interessen eines Landes lassen sich wirksamer vertreten.
In diesem zweiten Präsidialjahr [1994] wurde mir ein grundlegender Wandel in der Politik bewusst: Der politische Kampf war wichtiger geworden als die sachliche Diskussion.
Stichworte: Meine Gedanken zur Zukunft
Vom spröden Kassenwart zum gefeierten Staatsmann: die Geschichte von Otto Stich ist auch ein mediales Lehrstück. Er zeigt: Weit wichtiger als die geschliffen telegene Inszenierung sind Authentizität und Glaubwürdigkeit.
Will man mehr ausgeben, muss man mehr einnehmen. Schulden verlagern ein Finanzierungsproblem nur auf spätere Zeit.
Auch wenn ich als Finanzpolitiker eher enttäuscht Rückschau halten muss und sehr kritisch auf das Geschehen in der heutigen Zeit blicke – als Bürger dieses Staates bleibe ich dennoch zuversichtlich. Den Optimismus schöpfe ich aus ganz alltäglichen Erfahrungen, aus Begegnungen mit kritischen und politisch interessierten Menschen. Sie bestärken mich im Vertrauen in die Veränderungskraft unserer direkten Demokratie. Denn sie wissen: Mutige, auch unbequeme Entscheide sind nötig. Nur mit Sparen und Abbau öffentlicher Leistungen erreicht man nichts Positives für die Gemeinschaft. Wir sichern den Wohlstand unseres Landes und das Wohlergehen der Bevölkerung nicht mit Illusionen. Er braucht beherzte Taten – für eine bessere Umwelt, für eine sozialere Wirtschaft, für eine gerechtere Gesellschaft.