Der Circle

von

  • Buch auf Amazon
  • ISBN: 978-3462046755
  • Mein Rating: 5/10

Mae Holland erhält einen Job beim weltweit dominierenden Internet-Unternehmen Circle (welches grosse Ähnlichkeiten mit Google aufweist). Dort steigt sie zu einer der bekanntesten Mitarbeiterinnen auf, nachdem sie ihr Leben komplett transparent gemacht hat und ständig eine Kamera auf sich trägt. Doch diese Transparenz wird nicht von allen willkommen geheissen, und so stösst sie auf Widerstand von ihrer Familie, ihrem Ex-Freund, und einem mysteriösen Unbekannten, der sich auf dem Firmen-Campus herumtreibt.

Mein Eindruck von Der Circle fällt zwiespältig aus. Die Thematik des Buches – der "gläserne Mensch" und dessen Auswirkungen – finde ich sehr interessant. Die Umsetzung hingegen hat mich nicht besonders angesprochen. Die Geschichte ist ziemlich langatmig und die Hauptperson, Mae Holland, fand ich zu naiv, um glaubwürdig und realistisch zu sein. Und auch die restlichen Personen bleiben eher blass. Dem Autor gelingt es zwar immer wieder, interessante Fragestellungen aufzugreifen, doch leider werden diese meist nicht weiter vertieft...

Zitate aus dem Buch

Mae wusste von der Unternehmenspraxis, jedes Gebäude auf dem Campus nach einer Geschichtsepoche zu benennen. Das war eine Methode, um einen riesigen Arbeitsplatz weniger unpersönlich, weniger businesslike wirken zu lassen.

Arbeitete heutzutage wirklich noch irgendwer bei den Strom- und Gaswerken? Wie war Mae überhaupt dahingeraten? Wie hatte sie das ausgehalten? Wenn Leute fragten, wo sie arbeitete, hätte sie am liebsten gelogen und gesagt, sie wäre arbeitslos.

[...] der Job machte sie zu jemandem, der alles dafür tun würde, um kündigen zu können.

"Besser du bist ganz unten an einer Leiter, die du hochsteigen willst, als in der Mitte einer Leiter, die dich gar nicht interessiert, oder?"

"Einmal die Woche haben wir eine Reihe von Meetings mit diesen Typen [...] und sie versuchen, uns davon zu überzeugen, dass wir sie unbedingt aufkaufen müssen. Das Ganze ist ein bisschen traurig, weil sie nicht mal mehr so tun, als hätten sie irgendwelchen Umsatz oder auch nur Potenzial dazu."

"Irgendwie pervers", sagte er, "dass es hier so viele Sportmöglichkeiten gibt, aber nur wenig sportliches Talent."

"Sie ist ein Idiot." - "Sie ist ein Idiot, der zufällig zu den oberen zehn Prozent hier gehört. So ein Idiot wär ich auch gern."

"Mae, kannst du mich einfach meinen Satz zu Ende sprechen lassen? Dann weisst du, was ich sagen will. Es ist nicht hilfreich, wenn du ständig das Ende meiner Sätze errätst, weil du immer danebenliegst." - "Aber du sprichst so langsam." - "Ich spreche normal. Du bist einfach ungeduldig geworden."

"Ich möchte einfach nur direkt mit dir sprechen. Ohne dass du irgendwelche fremden Leute zitierst, die zufällig eine Meinung über mich haben."

"Zwei Schlucke Wein und sie meint, sie könnte wahrsagen."

"Hier wird nichts gelöscht, Mae. Bailey würde ausrasten. Er würde weinen. Es tut ihm persönlich weh, wenn irgendwer die Löschung von irgendwelchen Informationen auch nur in Betracht zieht. Das ist wie Babys töten, sagt er."

Der Druck auf alle [Politiker], die sich nicht transparent gemacht hatten, war kein höflicher mehr, sondern nahm massive Formen an. Die Frage, die von Experten und Wählern gestellt wurde, war einleuchtend und laut: Wenn du nicht transparent bist, was hast du zu verbergen?

Jedes Mal, wenn irgendwer wieder lauthals das angebliche Monopol des Circle anprangerte oder die unfaire Geldmacherei mit den persönlichen Daten der Circle-User oder irgendeine andere paranoide und nachweislich falsche Behauptung aufstellte, kam bald darauf ans Licht, dass es sich bei demjenigen um einen Kriminellen oder hochgradig Perversen handelte.

"[...] ich weiss, dass das alles Leute sind wie du. Und das ist ja gerade so beängstigend. Einzeln wisst ihr nicht, was ihr kollektiv macht."

"Und du wirst bereitwillig sozial völlig autistisch. Du kriegst die einfachsten menschlichen Kommunikationssignale nicht mehr mit. Du sitzt mit drei Menschen an einem Tisch, die dich alle anschauen und versuchen, mit dir zu reden, und du starrst auf ein Display und suchst nach wildfremden Leuten in Dubai."

"Ich sag dir jetzt was, und es schmerzt mich, dir das sagen zu müssen. Aber du bist nicht mehr sehr interessant. Du sitzt zwölf Stunden pro Tag an einem Schreibtisch, und dabei kommt nichts anderes raus als ein paar Zahlen, die in einer Woche nicht mehr existieren oder in Vergessenheit geraten sind. Du hinterlässt keine Spuren. Es gibt keinen Beweis dafür, dass du gelebt hast."

"Ich denke, du redest dir ein, wenn du an deinem Schreibtisch sitzt und Frowns und Smiles vergibst, führst du tatsächlich ein faszinierendes Leben. Du kommentierst Sachen, und das ist der Ersatz dafür, sie selbst zu tun. Du siehst dir Fotos von Nepal an, klickst auf einen Smile-Button und glaubst, das ist das Gleiche wie nach Nepal zu fahren. Ich meine, was würde denn passieren, wenn du tatsächlich hinfahren würdest? Deine Circle-Shit-Ratings oder was auch immer würden unter ein akzeptables Niveau fallen! Mae, ist dir eigentlich klar, wie unglaublich langweilig du geworden bist?"

"Was wäre, wenn wir alle uns so verhielten, als ob wir beobachtet würden? Das hätte einen moralischeren Lebenswandel zur Folge. Wer würde noch etwas Unethisches oder Unmoralisches oder Illegales tun, wenn er beobachtet würde?"

"In einer Welt, in der schlechte Entscheidungen keine Option mehr sind, haben wir keine andere Wahl, als gut zu sein."

Stewart hatte ihr schon erzählt, dass du, so seine Erfahrung, dein Bestes gibst, wenn Tausende oder gar Millionen dir zuschauen. Du bist fröhlicher, positiver, höflicher, grossmütiger, wissbegieriger.

Wenn das so weitergeht, gibt es bald zwei Gesellschaften – zumindest hoffe ich, dass es zwei sein werden –, diejenige, an deren Entstehung du beteiligt bist, und eine Alternative dazu. Du und deinesgleichen werden bereitwillig und mit Freuden unter permanenter Beobachtung leben, ihr werdet euch ständig gegenseitig beobachten, euch gegenseitig kommentieren, voten und liken und disliken, Smiles und Frowns verteilen und ansonsten nicht viel anderes machen.

"Sie wissen doch, dass wir das nicht machen können. Was wäre Transparenz denn wert, wenn wir alles löschen würden, was wir irgendwie als peinlich empfinden? Sie wissen, bei uns wird nicht gelöscht."

Es fiel ihr ohnehin immer schwerer, ausserhalb des Campus zu sein. Da gab es Obdachlose, und da gab es die damit verbundenen üblen Gerüche, und da gab es Geräte, die nicht funktionierten, und Böden und Sitze, die nicht gereinigt worden waren, und da gab es, überall, die Anarchie einer ungeordneten Welt.

Durch San Francisco zu gehen oder Oakland oder San Jose oder überhaupt irgendeine Stadt kam ihr mehr und mehr wie ein Dritte-Welt-Erlebnis vor, mit unnötigem Dreck und unnötigen Konflikten und unnötigen Fehlern und unnötigen Schwächen – auf jeder Strasse tausend Probleme, die mit schlichten Algorithmen und dem Einsatz verfügbarer Technologie und bereitwilligen Mitgliedern der digitalen Community behoben werden könnten.

"Wenn ein Benutzerkonto beim Circle Pflicht ist und wenn sämtliche behördlichen Leistungen durch den Circle fliessen, hast du mitgeholfen, das erste tyrannische Monopol der Welt zu erschaffen. Findest du die Vorstellung etwa gut, dass ein Privatunternehmen den Fluss sämtlicher Informationen kontrolliert? Dass Partizipation auf Befehl des Circle Pflicht ist?"

"Glaubst du nicht, wenn jemand wie ich Angst hat, jemand, der das meiste von diesem Scheiss erfunden hat, glaubst du nicht, du solltest dann auch Angst haben?" - "Nein. Ich glaube, du hast den Überblick verloren." - "Mae, eine ganze Menge von den Sachen, die ich erfunden habe, hab ich ehrlich aus Spass gemacht, aus einer spielerischen Neugier heraus, ob sie funktionieren würden oder nicht, ob Leute sie benutzen würden. Ich meine, es war, als würde man auf dem Marktplatz eine Guillotine aufstellen. Du rechnest doch nicht damit, dass zig Leute Schlange stehen, um den Kopf reinzulegen."